Kategorie: h) Jul-2015
107. Tag (on trail) Fr 31.07.2015
Nachts werde ich durch Hirsch-Rufe aufgeweckt, höre auch schwere Schritte im Wald, kann aber leider im Dunkeln nichts sehen. Minutenlang starre ich mit gezücktem Fotoapparat den leiser werdenden Geräuschen hinterher…erfolglos.
Ein Hammer Tag heute! Mit einer meiner Favoriten!
Recht warm, durch Wind und regelmäßige Abkühlung in Bächen aber gut zu ertragen.
Rote Felsformationen,
dazwischen immer wieder schneeweiße Steine,
die sich, im Gegensatz zu den anderen Steinen ringsum, angenehm kühl anfassen. Selbst in der prallen Sonne!
Und nicht zu vergessen die Blumenwiesen!
Zur Mittagspause erreichen wir einen Felsen, der geradezu danach ruft
bestiegen zu werden.
Gesagt getan… aber ohne Rucksack natürlich. 🙂
Auf der weiteren Route kommen wir an großen Lupinienfeldern vorbei. Der süße Duft dieser herrlich blauen Blumen begleitet uns eine ganze Weile.
Später schrecken wir am Rande einer weitläufigen Wiese
eine Gruppe Hirschkühe mit ihren Jungtieren auf und mir gelingen mehrere gute Aufnahmen.
Tja, das ist Wyoming! 🙂 Keine Menschenseele unterwegs, dafür jede Menge Tiere. Stellenweise riecht es wie im Zoo. Überall sehen wir Kot von Hirschen, Schafen, Bären… Einmal riecht es recht scharf nach Raubtier, ein Puma vielleicht?
Nur auf dem Highway den wir am Abend kreuzen, sehen wir kurz ein paar Autos, ansonsten Natur pur.
Wir laufen bis es dunkel wird und der gelbe Vollmond am Himmel steht.
Müde packe ich mich in meinen Schlafsack und… tsssss, tssss…..
Maximaltemperatur 42 Grad Celsius
Nachts 10 Grad Celsius
Maximalhöhe 3302
Veröffentlicht mit WordPress für Android
106. Tag (on trail) Do 30.07.2015
Puhh… Gleich beim Aufstehen schon so warm?! Na, dann wollen wir mal sehen wieviel Schweiß und Lachtränen heute fließen werden.
Und es bleibt warm! Keine großen Berge mehr heute, aber jede Menge auf und ab. Wir wollen unbedingt Wyoming erreichen und laufen, auch als wir bereits müde sind, weiter.
Der Preis dafür: Ich stürze zweimal. Das erste Mal kann ich mich noch halbwegs abfangen, das zweite Mal schlage ich mir beide Knie blutig. Schön wenn der Schmerz nachlässt! 🙂
Egal! Ich möchte endlich Colorado hinter mir lassen.
Und da ist es endlich! Wyoming!
Hallo Wyoming!
Ciao, Colorado!!!
Camp in WYOMING!
Schlaft schön!
Eure Maria
Maximaltemperatur 46 Grad Celsius
Nachts 1 Grad Celsius
Maximalhöhe 3047
Veröffentlicht mit WordPress für Android
105. Tag (on trail) Mi 29.07.2015
Liebe Lucia, lieber Alex! Aus der Ferne wünsche ich Euch beiden alles Gute zum Hochzeitstag!
Gleich nach dem Aufstehen beginnen wir unseren letzten größeren Anstieg in Colorado. Wyoming steht vor der Tür und nur ein Berg liegt noch zwischen uns und der Grenze.
Wyoming wir kommen!
Es ist herrlich hier oben,
Seen überall,
Stille, Blumen,
Wind, Murmeltiere.
Und ein paar letzte Schneefelder!
Wir können nicht anders und legen eine kleine Vergnügungspause ein. Eine Plastiktüte dient als Unterlage und der Beschleunigung für eine Rutschpartie im Schnee. Leider ist das erste Schneefeld zu flach und das zweite zu kurz. Aber Spaß hat’s trotzdem gemacht! 😀
Beim Abstieges kommt uns ein Trupp von fünf Frauen und drei gut bepackten Lamas entgegen. Da würde ich mir gerne eines von ausleihen! 😉
Während eines kleinen Plausches bekommen wir einen Tequila spendiert. Mmmmhh…Ein richtig gutes Stöffchen das weich und rund den Gaumen runter läuft.
Und weiter geht’s das Tal hinab. Es wird unerträglich warm und feucht.
Einen etwas tieferen Bach nutze ich für ein kurzes erfrischendes Sitzbad in voller Montur. Ich kann nahezu das Wasser verdampfen hören als ich meinen überhitzen Körper ins Wasser plumpsen lasse.
Arme und Nacken sind trotz Sonnencreme stark gerötet und so wechsle ich vom T-Shirt zum Langarmshirt und lege mir meine Buffs in gewohnter New Mexico-Manier um, sprich, ich vermumme mich komplett, so dass mich kein brennender Sonnenstrahl mehr treffen kann.
Unser Nachtlager platzieren wir neben einem Bach. Schön, dass ich mich wenigstens grob waschen kann, bevor ich mich in meinen Schlafsack verkrümmele.
Ich freue mich schon auf morgen. Darauf, das touristisch geprägte Colorado zu verlassen und Wyoming, das mir bisher am besten gefallen hat, wiederzusehen.
Wyoming wir kommen!
Eure Maria
Maximaltemperatur 42 Grad Celsius
Nachts 1 Grad Celsius
Maximalhöhen 3604 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
104. Tag (on trail) Di 28.07.2015
Nach dem Ausschlafen bringen wir unsere Bounceboxen zurück zur Post und suchen uns von dort aus eine Alternativroute zum Trail.
Seit mehreren Tagen strahlender Sonnenschein. Das sind wir gar nicht gewohnt! 😉
Blumenwiesen,
herrliche Aussicht von den Bergen hinab auf die Ebene die wir noch vor kurzem durchwandert haben.
Den See mit den Pelikane kann ich aber leider nicht von hier oben ausmachen.
Etwas später finden wir neben dem Trail einen Felsbrocken der durch einen großen Spalt in zwei Hälften geteilt ist und geradezu zum fotografieren einlädt.
Boston Bones hat ebenfalls eine gute Idee für ein Fotomotiv, dass mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben wird. 😀 😀 😀
Das Motiv an sich ist schon originell, doch der ‚Brüller‘ kommt erst noch! 😀 Boston verliert den Halt mit den Füßen, rutscht aus und bleibt fast mit seinem Kopf im Felsspalt stecken. Mit total entsetztem Gesicht, sein linkes Ohr mit den Händen haltend schaut er mich, nach dem er sich freigestrampelt hat, an. Das alles geschieht innerhalb von Sekunden und ich kann, auch wenn er mir leid tut, einfach nicht anders als lauthals los zu lachen. 😀 😀 😀 Ich bekomme fast keine Luft mehr vor lauter Lachen, die Tränen schießen mir aus den Augen und ich kann meine Blase nur noch mit Mühe kontrollieren.
Bis auf ein paar kleine Schürfwunden hinter seinem Ohr und dem Schrecken bleibt aber, zum Glück, kein weiterer Schaden zurück. Es hätte aber auch ganz anders kommen können!
Also nicht nachmachen!!!
Ich brauche mehrere Kilometer um mich wieder zu beruhigen, muss immer wieder loslachen, bekomme einfach nicht mehr dieses Bild aus den Augen. 😀 Meine Bauchmuskeln Schmerzen vom Lachen. Gemeinsam albern wir herum, wie man wohl dem Rettungsdienst die Notlage erklärt hätte 😀 und noch im Camp verarbeitet Boston sein Erlebnis… musikalisch! Zum Brüllen komisch! 😀 😀 😀
Euch wünsche ich ebenfalls vor Lachen schmerzende Bauchmuskeln…
😀
Eure Hikinstein
😀 😀 😀 😀 😀
Maximaltemperatur 40 Grad Celsius
Maximalhöhe 3400 Meter
102. + 103. Tag (Steamboat Springs) So 26.07.2015 + Mo 27.07.2015
Sonntag:
Der Rest der Nacht verlief friedlich. Geschlafen hab‘ ich aber nicht besonders gut und früh morgens sind bereits die ersten Jogger, Ballonfahrer und Radfahrer unterwegs.
Auch ein Polizist auf Rädern kommt, während wir zusammenpacken, vorbei und klärt uns freundlich darüber auf, dass wir hier nicht campen dürfen. Ach was!
Und da kommt auch schon der nächste Besucher,
der sich sehr für Boston Bones Rucksack interessiert.
Von der unruhigen Nacht noch mitgenommen beschließen wir uns ein Motel zu suchen, denn erst morgen können wir unsere Pakete bei der Post abholen und eine weitere Nacht, verschanzt in Büschen, mitten in der Stadt… nee, nee,…lass mal. Das muss nicht sein!
Gesagt, getan.
Da wir bereits von mehreren Leuten gehört haben, dass es hier sehr schöne heisse Quellen, die Strawberry Hot-Springs, geben soll und wir durchaus ein wenig Entspannung gebrauchen können, machen wir uns auf den Weg, nicht ahnend, dass die Quellen knapp zehn Kilometer entfernt sind. Nach den ersten vier Kilometern nimmt uns dann aber ein Auto mit zu den Quellen.
Viel gelobt aber letztlich eher enttäuschend und überteuert.
Auf dem Heimweg gehen wir am Supermarkt vorbei. Und, oh Freude, was finde ich da? Eine richtig gut sortierte Käsetheke, mit reichlich Importen aus Europa, in der ich sogar meinen Lieblingskäse finde. Mit Käse haben es die Amerikaner ja leider nicht so…
Was für eine Freude! Ich habe fast Tränen in den Augen, als ich endlich ein Stück eßbare Heimat in den Händen halte. Teuer natürlich, aber jeden Cent wert. 😀
Ach ja, was ich vergessen hatte (aber meine Basis in der Heimat hat mich daran erinnert; an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Elmar!):
Mit dem 100. Tag habe ich auch gleichzeitig die Hälfte der Strecke des CDTs geschafft! Juhu! Ein weiterer Grund anzustoßen und zu feiern.
MONTAG:
Pakete von der Post holen, Vorräte aufstocken, Hosen enger nähen (habe noch kein passendes neues Paar gefunden), ausruhen.
Liebe Grüße
Maria
101. Tag (on trail) Sa 25.07.2015
Am Morgen spendiert die örtliche Bank in Walden ein kostenloses Pancake-Frühstück für jeden der vorbeikommt. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen! Die Sonne scheint, es ist bereits recht warm und wir setzen uns an einen der Tische, die mehr im Schatten stehen.
Biker fahren vorbei und stellen ihre Maschinen vor dem ‚Saloon‘ ab, wo sie schön aufgereiht stehen, wie früher die Pferde der Cowboys.
Als wir zurücktrampen wollen hält kein einziges Auto. Die kilometerlange, geradeaus laufende Straße
ist um diese Zeit auch nicht sehr belebt. Links und rechts davon wimmelt es allerdings von Präriehunden, die entweder wie Kerzen auf ihren Beobachtungsposten, ihren Erdhügelchen stehen, oder geschäftig hin und her rennen.
Keinen Moment lang werden wir aus den Augen gelassen und die Warnrufe schallen über die Ebene.
Wir entscheiden uns spontan die Straße zu verlassen und suchen uns einen spannenderen Weg querfeldein.
Die richtige Entscheidung, wie sich herausstellt.
Hier, in dieser Gegend, sieht es bereits aus wie in Wyoming.
Sagebrush-Büsche, weite Wiesen, blauer Himmel mit flauschigen, weißen Wolken, Gabelböcke, …. wunderschön, wenn auch sehr warm und ohne Schutz vor der Sonne.
Und was wir nicht gesehen hätten, wären wir nicht vom Weg abgewichen, sind, man glaubt es kaum, PELIKANE!
Hinter einem kleinen Hügel entdecken wir einen See voller Enten, Gänse UND Pelikane. Ich wusste gar nicht, dass es die hier in Colorado gibt.
Weiter geht’s über Weideland, zusammen mit einer Herde Rinder die uns ein gutes Stück begleitet.
Die drei Bullen, die mit der Herde mitlaufen, haben zum Glück nur Augen (nun ja, eigentlich ist ein anderes Körperteil mehr beschäftigt 😉 ) für ein ‚heißes‘ Rind, dass vor lauter Verehrern nicht zum fressen kommt.
Nach der Querfeldeintour geht es kilometerlang den Highway 14 entlang.
Unser Wasser wird knapp. Die Pferdekopf-Pumpe
fördert leider kein Wasser sondern Öl und das Wasser am Grizzly Creek sieht nicht besonders vertrauenserweckend aus. Keine Fische, die Wasserpflanzen alle braun, abgestorben, faulig. Nun ja, wir sind nahe einer Strasse und nahe der Zivilisation. Wer weiß, was die hier alles ins Wasser ableiten?!
Vorsichtshalber filtert Boston Bones eine kleine ‚Notreserve‘, falls wir nicht an eine bessere Quelle geraten, doch kurz darauf kann ich einem Autofahrer
einen Liter Limonade abschwatzen die wir sofort leertrinken.
Weiterhin halte ich eine leere, auf den Kopf gedrehte Wasserflasche, als Zeichen unserer Wasser-Situation, den vorbei fahrenden Autos entgegen und kurze Zeit später hält ein Wagen. Der Fahrer, ein Marathonläufer, hat zwar kein Wasser dabei, bietet uns aber eine Mitfahrgelegenheit nach Steamboat Springs an.
Dort angekommen suchen wir Ewigkeiten nach einer Camp-Möglichkeit. Die offiziellen Campingplätze sind bereits alle belegt, so daß wir letztlich am Rande eines Fußballfeldes unser Lager aufschlagen, mit zu Recht mulmigem Gefühl, wie sich mitten in der Nacht herausstellt.
Ein paar Jugendliche haben nichts besseres zu tun als sich in der Dunkelheit anzuschleichen und Feuerwerkskörper nach Boston Bones Zelt zu werfen. Zum Glück hat es kein Feuer gefangen, was bei den ganzen Kunstfasern verheerend wäre. Ich hatte schon geschlafen und bin total verwirrt am Lärm aufgewacht. Wie? Was? Häh?
Erst die Explosion, dann die ärgerlichen, wutentbrannten Rufe von Boston Bones, der versucht sich die beiden Idioten zu greifen.
Boston legt sich, als er nach längerer, vergeblicher Suche zurück kommt, auf die Lauer, um sich die beiden zu greifen, falls sie zurückkommen sollten. Ich kann erst gar nicht mehr einschlafen und lausche auf jedes verdächtige Geräusch. Schließlich döse ich doch ein. Boston hält ja Wache!
Als ich später aufwache sehe ich ihn immernoch im nahe gelegenen Gebüsch verschanzt Wache halten.
Ich denke wirklich es ist besser, wenn sich die beiden nicht mehr blicken lassen, vorausgesetzt sie legen Wert auf heile Knochen! Boston Bones ist wirklich sehr, sehr wütend!!!
Maximaltemperatur 37 Grad Celsius
Maximalhöhe 2568 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
100. Tag (on trail) Fr 24.07.2015
Tag Hundert!!!
Und was habe ich schon alles erlebt?!
New Mexico:
Frühling in der Wüste, Wassercaches, die traumhaft schönenTage entlang und im Gila River, nervenraubende Wanderungen entlang der Strassen, Gesteinsformationen aus Dinosauriertagen, die Ghost Ranch (auf der ich meinen Trailnamen erhielt) und Chama.
Dann der permanente Neuschnee in Colorado der mich dazu veranlasste, zusammen mit Race erst einmal nach Wyoming zu fahren um dort das Great Divide Basin zu laufen.
Wyoming:
Mit seinen sanften Hügeln, der großen Ebene mit ewigem Weitblick, den vielen, vielen Gabelböcken, den Mustangs, den Trails aus Siedlerzeiten, den Zecken.
Dann die Fahrt zurück nach Chama um von dort aus das verschneite Colorado zusammen mit Boston Bones in Angriff zu nehmen.
Colorado :
Schnee, Schnee, Schnee! Der erste gescheiterte Versuch den Schnee ohne Schneeschuhe zu bezwingen. Der erste Bär in freier Wildbahn. Die vielen Umwege und Abkürzungen um dem schlechten Wetter zu entkommen oder widrige Trailbedingungen zu umgehen. Das lange Warten auf Schneeschuhe und Eisaxt, die – aufgrund des Wartens – letztlich gar nicht mehr notwendig waren 🙂 . Der unvergessliche Aufenthalt in Creede bei BJ und Bill. Die Berge!!! Traumhafte Aus- und Weitblicke. Mühsame Auf- und Abstiege. Regen, Gewitter, Regen, Hagel, Gewitter, Regen, Hagel, Gewitter. .. und bevor ich es vergesse: Regen!
Schneeziegen, riesige Hirschherden, Elche, Rehe, Hörnchen…
Hiker, jede Menge Hiker!! Grays Peak, total überlaufen. Klettertouren und Höhenangst. Tourismus und überteuerte Unterkünfte.
Blumenwiesen, ein grünes Colorado.
Nur noch wenige Kilometer und Colorado liegt hinter mir. Einige Teilstrecken habe ich ausgelassen, wetterbedingt, launenbedingt, motivationsbedingt.
Trotzdem ist heute Zeit zu feiern!
Tag Hundert!
Momentan sitze ich weit ab vom Trail in Walden vor dem Post Office. Warum?
Weil ich heute auf dem Trail eine Elchschaufel gefunden habe.
Ich kann sie leider nicht nach Hause schicken, da würde der Zoll nicht mitspielen, davon abgesehen ist das Ding höllisch schwer. Ich weiß gar nicht wie die Bullen das den ganzen Sommer über aushalten.
Boston Bones macht allerdings seinem Namen als ‚Knochensammler‘ alle Ehre, übernimmt das Geweih dankend,
schleppt es knappe fünfzehn Kilometer bis zum Highway 125.
Von dort trampen wir zum Post Office nach Rand, das bereits geschlossen hat (Öffnungszeiten von 9-11 Uhr?!), also weiter auf einem Pickup nach Walden.
So, und nun das Teil erst einmal verpacken!!! Nicht ganz so einfach bei der Größe, der Form und einem Gewicht von mindestens sieben Kilogramm.
Aber auch das ist letztlich geschafft und wir stoßen am ‚National Tequila Day‘ mit einem Margarita auf meinen Hundertsten an.
Hoch die Tassen!
Eure Dr. Hikinstein
Maximaltemperatur 39 Grad Celsius
Nachts 6 Grad Celsius
Maximalhöhe 3382 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
99. Tag (on trail) Do 23.07.2015
Schön ist’s heute!
Sonnenschein, blauer Himmel, weiße flauschige Wölkchen, ein angenehmer Wind und kein einziger Tropfen Regen.
Der Boden ist noch feucht vom vergangenen Tag und die Gerüche der Umgebung hängen schwer und kräftig in der Luft.
Alles duftet intensiver als sonst. Die Wiese, vom Wind in sanfte Wogen gelegt, verströmt einen unsagbar süßen Geruch,
die feuchte Erde, die feuchten Steine, der Nadelwald, alles steuert seinen Teil zu diesem Naturparfum bei. Ich genieße die frische Brise und all die Düfte.
Nur wenige Wanderer sind unterwegs und so sehen wir Rehe, Murmeltiere, Hörnchen und einen jungen, etwas struppig erscheinenden Elch.
Den ganzen Tag geht es bergauf bis wir schließlich den Bowen Pass erreichen und wieder etwas absteigen können.
Die neuen Schuhe sind nicht ganz so bequem und auch nicht so gut gepolstert wie die alten und so spüre ich am Abend mal wieder meine Fersen. Auch mein rechtes Knie schmerzt ein wenig. Im großen und ganzen bin ich aber mit den neuen Tretern zufrieden. Sie müssen auch nur ein paar Tage aushalten bis ich wieder in mein gewohntes Schuhwerk schlüpfen kann.
So, ich werde mich jetzt mal draußen vorm Zelt umsehen. Ich denke da laufen gerade Hirsche oder Elche vorbei.
Bis morgen!
Eure Maria
Maximaltemperatur 32 Grad Celsius
Maximalhöhe 3414 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
98. Tag (Grand Lake) Mi 22.07.2015
Ausruhen!!!
Heute habe ich, bis auf ein kurzes Frühstück, den halben Tag einfach nur verschlafen.
Auch Boston Bones, der seit einem Sturz vor zwei Tagen, Schmerzen in der linken Schulter und in der Hüfte hat, schont und erholt sich, so gut er kann.
Am frühen Abend verlassen wir dann doch noch unsere gemütliche Bleibe um ein Shrimps All-You-Can-Eat Angebot zu nutzen. Lecker!!!
Hier noch ein paar Bilder aus dem Restaurant:
Bis demnächst!
Maria
Veröffentlicht mit WordPress für Android
97. Tag (on trail + Grand Lake) Di 21.07.2015
Früh morgens, Monarch Lake liegt ruhig und spiegelglatt vor mir,
brechen wir auf.
Fast den ganzen Rest der Etappe geht es am Wasser entlang. Zuerst Lake Granby
, dann Colorado River, Shadow Mountain Lake und schließlich Grand Lake.
Zeitgleich mit einem Hagelschauer erreichen wir den Ort, verschanzen uns im Postamt und suchen, mit einsetzender Wetterbesserung, nach einer Unterkunft.
Letztlich finden wir eine gut ausgestattete kleine Hütte mit Küche, so daß wir uns selbst versorgen können.
Liebe Grüße nach Hause und in den Rest der Welt!
Maria
P.S.: Mein neues Paar Schuhe. Nicht so bequem wie die alten, aber notwendig! Mal sehen wie sie sich im Feldeinsatz bewähren.
Maximaltemperatur 30 Grad Celsius
Nachts 10 Grad Celsius
Maximalhöhe 2670 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
96. Tag (on trail) Mo 20.07.2015
Auch heute treibt mich nichts auf den Trail. Mir fehlt einfach die Energie, der Drive.
Nach dem Frühstück, das ich mehr oder weniger hinunter zwinge, ist mir leicht übel.
Hier in Winter Park haben wir noch drei weitere CDT-Hiker gesehen. Commando, der Race und mir damals in Wyoming schon einmal entgegen lief, wie gewohnt im Kilt, und ein Pärchen, dass ich bisher noch nicht gesehen habe.
Trotz allem ziehen wir weiter. Hier in Colorado ist es einfach zu ‚touristisch‘ und folglich zu teuer um sich länger an einem Ort auszuruhen.
Ich kenne die ‚Hiker-Müdigkeit‘ ja bereits von meiner Weitwanderung auf dem PCT, und weiss, dass es sich nur um eine ‚Phase‘ handelt, die es zu überwinden gilt. Ein paar Tage Ruhe und die Wanderlust kommt von alleine wieder.
Ich werde aber noch ein bisschen durchhalten müssen, bis ich Wyoming erreiche und somit die Unterkünfte billiger werden, die Wege weniger überlaufen sind und folglich mehr mit Tiersichtungen zu rechnen ist.
Ich freue mich wirklich darauf, Colorado hinter mir zu lassen.
Auf der heutigen Strecke sind keine anderen Hiker unterwegs. Es geht hauptsächlich durch Wald und über Wiesen,
wir müssen keine Anstiege meistern, es geht hauptsächlich bergab. Angenehm und entspannend. Wir kommen gut voran.
UND wir sehen… einen Elchbullen,
geschätzte hundert Meter entfernt, prächtiges Geweih, schwarzes, glänzendes Fell, … der uns seelenruhig betrachtet und genüsslich sein Abendbrot zu sich nimmt. Ein beeindruckendes und bewegendes Ereignis! Was für eine Erscheinung!
Wir campen am Monarch Lake.
Morgen geht’s weiter nach Grand Lake.
Bis dann…
Eure Maria
P.S.: Das dritte Paar Schuhe ist durch. Die Sohlen würden zwar noch eine Weile halten, die Zehen rutschen aber permanent durch das gerissene Obernetz ins Freie. Ich werde wohl nicht mehr bis Steamboat Springs, wo meine Versorgungspakete auf der Post liegen, warten können.
Maximaltemperatur 29 Grad Celsius
Maximalhöhe 3181 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
95. Tag (on trail) So 19.07.2015
Gähn! Ich bin immer noch müde, muffelig und ohne Appetit.
Aber ich möchte auch weiter!
Nun denn, dann eben missmutig die abgelatschten Schuhe geschnürt und wieder zurück auf den Trail, zusammen mit… na, wer weiß es?… richtig, einem Pulk von Tagesausflüglern.
Diese lassen wir aber alsbald hinter uns, da wir höher aufsteigen und sich das Wetter verschlechtert.
Wir laufen regelrecht durch am Berg festhängende Regenwolken.
Keine zwanzig Meter Sicht, nass, windig und das ganze über mehrere Meilen. Ach, ist das herrlich, und diese Aussicht! 😉
Irgendwann geht’s dann aber natürlich wieder runter und wir lassen die Regenwolken oben zurück.
Um eine tiefer gelegene Abkürzung nehmen zu können müssen wir an einem Pass eine große, überhängende Schneeansammlung überwinden. Dazu setzen wir die Rucksäcke ab. Boston Bones klettert zuerst hinab, rutscht aus, kann sich aber rechtzeitig wieder fangen. Ich lasse dann einen Rucksack nach dem anderen an einem Seil über den Schneevorsprung zu ihm hinunter, wo er sie auffängt bevor sie weiter den Berg hinunterpurzeln. Schließlich wage ich mich selbst an den rutschigen Abstieg und komme heil wenige Meter später unten an.

Rucksack kurz vorm Abseilen. Der aufspritzende Schnee (links im Bild) stammt von meinen Schuhen, die ich gerade in den Schnee ramme, um einen guten Halt zu haben
Wir laufen das Tal hinab zum Highway 40, trampen nach Winter Park, finden ein Motel und wärmen uns im Hot Tub, dem Whirlpool, auf. Die Wespen, die sich unter dem Rand des Whirlpools angesiedelt haben – was wir leider erst herausfinden als es zu spät ist – finden dies offensichtlich nicht sehr amüsant und ich werde zweimal attackiert und in den Kopf gestochen.
Da hab‘ ich jetzt über mehrere Tage kein Kopfweh mehr und dann so was… 😉
Ist zum Glück aber nicht sehr angeschwollen. Hat nur ordentlich ‚gezwiebelt‘.
Mit zwei kleinen Hörnchen am Schädel verabschiedet sich heute Eure Dr. Hikinstein
Maximaltemperatur 21 Grad Celsius
Maximalhöhe 3973 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
Rundumblick auf Grays Peak
94. Tag (on trail) Sa 18.07.2015
Morgens, beim öffnen des Zeltes, sehe ich bereits hoch oben sechs Hiker, vielmehr sechs winzige, sich bewegende Punkte, auf dem Weg zum Grays Peak.
Auch wir machen uns auf den Weg,
deutlich schwerer bepackt als die Tagesausflügler, auf deren kleine Rucksäcke ich immer wieder neidische Blicke werfe. Manche tragen GAR KEINEN Rucksack!!!
Keuchend, nach Luft japsend und die unterschwellig keimende Höhenangst ignorierend, schleppe ich mich Stück für Stück höher. Auf einem weit entfernten, schneebedeckten Bergkamm entdecke ich eine ruhende Schneeziege und ihr herumtollendes Junges. Also die beiden scheinen jedenfalls keine Probleme mit der Höhe zu haben. 🙂
Die Aussicht hier oben ist gigantisch. Immer wieder, sobald ich einen halbwegs sicheren Halt finde (teilweise müssen wir auf allen Vieren über die Felsen krabbeln) riskiere ich einen Blick, und kann nur staunen.
Enttäuschend ist leider die Ankunft am Gipfel.
Mit Stolz geschwellter Brust klettern wir die letzten Meter nach oben und finden…. knapp vierzig weitere Hiker, die von der anderen, einfacheren Seite den Berg bestiegen haben.
Blick vom Grays Peak
Blick vom Grays Peak
Blick vom Grays Peak
Blick vom Grays Peak
Auch auf dem benachbarten Torreys Peak ist die Hölle los.
Blick auf Torreys Peak
Zahllose Hiker bevölkern die sich nach oben bzw. unten windenden Pfade. Ein wahrer Rummelplatz hier oben!
Schließlich reihen wir uns in den nicht enden wollenden Strom von Wandersleuten ein (Boston Bones wird seine ‚Gipfelnacht‘ verschieben müssen ) und steigen gemeinsam mit ihnen ab.
Bis zur Interstate 70 sind wir deswegen entweder von einer Schar Hiker oder von vorbeifahrenden Autos umgeben.
Boston Bones Laune ist nicht die beste und auch meine Stimmung verschlechtert sich zusehends, so daß wir grummelig und schweigend an der Interstate ankommen. Nun müssen wir noch weitere vier Meilen neben der Interstate herlatschen, nicht direkt daneben, sondern auf einem etwas versetzt verlaufenden Radweg, aber trotzdem bekommen wir die volle Geräuschkulisse mit. Meine Laune ist am A….!
Kurz bevor wir die Interstate mittels einer Unterführung kreuzen fängt es auch noch an zu regnen. Mal wieder 😦 .
Nee, ich hab‘ jetzt wirklich keine Lust mehr!!!
Wir trampen nach Silverthorne. Während der Suche nach einer Bleibe hält plötzlich ein Auto direkt vor uns und eine junge Frau, die uns als CDT-Hiker erkannt hat, lädt uns zu sich ein.
Doch noch eine Wendung des Tages zum Guten. 🙂
Der Tag hat mir allerdings auf den Magen geschlagen, ich habe keinen Hunger (!), und so verziehe ich mich nach einer heißen Dusche ohne Abendessen in mein Bettchen. Ich bin hundemüde.
P.S.: Die Not mit der Notdurft! Ein weiteres ‚Highlight‘ dieses Tages war meine volle Blase auf dem Weg nach unten, runter vom Grays Peak. Schon einmal versucht ein passendes Plätzchen an einem weitgehend kahlen Berghang zu finden, während hunderte von Augen, mit und ohne Fernglas bewaffnet, über die Gegend schweifen? Während hunderte Kameras und Smartphones eifrig Bilder schießen?
Die Chancen stehen recht günstig, dass auf diversen Urlaubsbildern eine Deutsche mit heruntergeladenen Hosen zu sehen ist… 😉
Maximaltemperatur 34 Grad Celsius
Nachts 5 Grad Celsius
Maximalhöhe: Grays Peak (Colorado), 4350 Meter; höchste Erhebung auf dem CDT, neunt höchste in Colorado.
93. Tag (on trail) Fr 17.07.2015
Der Plan: Wir werden Grays Peak von einer anderen Seite aus in Angriff nehmen, damit wir uns (notfalls) nicht zu lange oberhalb der Baumgrenze aufhalten müssen. Mit dem Shuttel geht es deshalb von Frisco nach Keystone
, dann weiter über die Montezuma Road zum Peru Creek, dem wir Richtung Grays Peak folgen.
Unterwegs heben wir noch einen Geocache in dem sich, zur Freude Boston Bones, eine Dose kühles Bier befindet.
Ein kurzer Regenschauer, an einem sonst sonnigen Tag, kann uns nicht die Laune verderben.
Boston Bones will übrigens – ich kann ihn leider nicht davon abhalten – oben am Grays Peak übernachten. Mir ist das zu gefährlich!!! Ich werde ihn dann dort alleine seinem Schicksal und den möglichen Gewittern überlassen und hoffe, ihn am nächsten Tag lebend, in einem Stück und unverkokelt wieder zu sehen.
Aber erst einmal dort oben ankommen!
Der Pfad hört plötzlich auf. Nach den Karten wissen wir grob wo wir hin müssen, wir meinen aber eine Abkürzung erspäht zu haben.
Nun ja, wir dachten zumindest es sei eine Abkürzung. Die Abkürzung stellt sich als halsbrecherischen Klettertour heraus, die auch ohne Rucksack schon schwierig gewesen wäre.
Letztlich finde ich mich Schweiß (Schweiß der Anstrengung und Angstschweiß) überströmt, mehrere Meter höher in einer Felswand an einen Felsen geklammert. Das Gelände ringsum besteht nur aus losem Schutt und losen Steinbrocken. Unweit hängt ein Büschel weißer Haare an einer scharfen Felskante, vermutlich von einer Schneeziege, es könnten aber auch meine eigenen sein: in Angst ergraut und ausgefallen! 😀
Boston Bones, den das Ganze überhaupt nicht aus der Ruhe bringt, spricht mir immer wieder gut zu und versucht Ratschläge zu geben, nicht ahnend, dass ich in keinster Weise mehr aufnahmefähig bin und mich seine Kommentare eher stören. Er klettert mir hinterher, immer etwas unterhalb von mir, um mich „notfalls auffangen zu können“. Lieb gemeint, doch nun muss ich, zusätzlich zur Angst um mein eigenes Leben, noch um ihn fürchten. Ein losgetretener oder ins Rutschen geratener Felsbrocken könnte ihn treffen….
Ich sehe uns bereits beide blutüberströmt am Fuße des Berges liegen. 😉
Nein!!! Ich klettere nicht weiter! Nicht mit diesem gigantisch erscheinenden Rucksack auf dem Buckel, der mich immer wieder nach hinten zieht, weg vom Fels, weg vom sicheren Halt.
Also vorsichtig umdrehen, weg vom Felsen, und auf dem Hosenboden über den Schutt nach unten rutschen.
Erschöpft und mit wackligen Knien komme ich unten an. Ein Hosenbein aufgerissen sonst aber keine Schäden an Leib, Leben, Seele oder Ausrüstung.
Es ist zu spät für einen weiteren Aufstiegsversuch. Zeit einen Campplatz zu suchen. Dazu steigen wir wieder einige Meter ab, 😦 denn wir können oben keine ebene Fläche für den Aufbau der Zelte finden.
Als Belohnung sehen wir, vom Camp aus, zum ersten mal in der Ferne eine kleine Gruppe Schneeziegen, die sich sicher über uns ungeschickte Kletterer amüsiert haben.
Das Wetter ist stabil, der Himmel sternenklar… wir werden diese Nacht wohl gut überstehen, auch oberhalb der Baumgrenze.
Gute Nacht!
Dr. Hikinstein
Maximaltemperatur 33 Grad Celsius
Maximalhöhe 3924 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
91. – 92. Tag (Frisco) Mi 15.07. und Do 16.07.
Wir sind immer noch in Frisco…und warten auf besseres Wetter, damit wir Grays Peak, die höchste Erhebung auf dem CDT, in Angriff nehmen können ohne, von einem der vielen Gewittern, ‚erleuchtet‘ zu werden.
Während der ‚Wartezeit‘ fahren wir nach Breckenridge und machen dort einen kleinen Ausflug mit der Gondel den Berg hinauf. Schön einen Berg mal ganz ohne Mühe zu ‚erklimmen‘.
Bis bald…
Eure Maria
Veröffentlicht mit WordPress für Android
90. Tag (on trail + Frisco) Di 14.07.2015
Kondenswasser, Regenwasser, die feuchten Klamotten von gestern…
Da bleibt nicht viel, was trocken geblieben ist. Also das Wenige, was noch trocken ist, schön doppelt einpacken, in die noch feuchten Klamotten von gestern schlüpfen (sie trocknen dann am Körper) und weiter! Zum Glück regnet es (noch) nicht.
Vorbei an traumhaft schönen Camp-Möglichkeiten mit geschmackvollen Toiletten,
Kleiderschränken mit Wechselwäsche
und kompletten Zelten (ein Hoch auf das wunderschöne Colorado!), geht es aufwärts Richtung Webster Pass.
Nach den ersten Kilometern kommt sogar die Sonne raus und wir können gegen 11.00 Uhr alles ‚trocken legen‘. Ruck-Zuck sind drei Bäume zum Spannen einer Wäscheleine missbraucht und wir ‚geniessen‘ ein wenig Hikerkost während die Wäsche marginal die Luftfeuchtigkeit erhöht.
Oben in den Bergen bilden sich die ersten Wolken.
Beim weiteren Anstieg kommen wir an Holzhütten in unterschiedlichen Zerfallsstadien vorbei, schön dekoriert mit Müll, Klopapier und Exkrementen, wie die bereits beschriebenen Plätze zuvor.
Oben in den Bergen ballen sich die Wolken zusammen.
Oberhalb der Baumgrenze suche ich erfolglos mit den Augen die umgebenden Felswände nach Schneeziegen ab. Den Blick nicht auf den Weg geheftet stoße ich dabei mehrmals mit den großen Zehen gegen Steine und hervorstehendes Wurzelwerk. Mal wieder! Wie schon so oft! Den Nagel meines rechten Zehs werde ich übrigens doch noch einbüßen. Er hängt nur noch im Nagelbett fest. Und der Nagel des linken Zehs verfärbt sich ebenfalls lila. Sieht aber noch nicht so schlecht aus. Mal sehen, vielleicht kann ich wenigstens ihn behalten.
Oben in den Bergen ist entferntes Donnergrollen zu hören.
Wir ziehen an einer letzten, zerfallenen Schutzhütte vorbei,
dem Webster Pass entgegen. Es ist nicht mehr weit!
Oben in den Bergen verdunkelt sich der Himmel. Es donnert.
Hoffentlich kommen wir schnell über den Pass um wieder abzusteigen.
Blitze! Aber noch weit genug entfernt!
Weiter zum Pass?! Umkehren?!
Weiter!
Oben angekommen ein weiterer Blitz, und NUR(!!!) fünf Sekunden danach der Donner!
Umdrehen!!! Und zwar sofort, und hurtig runter! Boston Bones will natürlich weiter und ich bin heilfroh, dass er mit mir zusammen umkehrt.
Kaum laufen wir los, zurück Richtung ‚Schutzhütte‘, fängt es an zu hageln. Donner, immer wieder Donner, aber zum Glück kein Blitz in der Nähe.
In Hagel und Regen eilen wir den Hang hinab.
Ich nehme den kürzesten Weg, querfeldein, nicht mehr dem Trail entlang.
Die Hütte ist in schlechtem Zustand. Teile des Daches und der Wände fehlen, die Planken des Bodens sind zum größten Teil verrottet, Fenster und Türen fehlen, überall tropft Wasser durchs morsche, löchrige Holz.
Entlang einer Wand finden wir eine etwas besser erhaltenere, trockenere Stelle von etwa einem Quadratmeter. Wir sammeln ein paar lose Planken und legen Sie nebeneinander, so daß wir unsere Rucksäcke halbwegs trocken abstellen können. Boston Bones sammelt weitere Bretter und versucht damit die Tür – und Fensteröffnungen abzudichten um den Wind abzuhalten. Ich spanne derweil mein Zelt über unseren Rucksäcken auf, damit das heruntertropfende Regenwasser nicht unser ‚Lager‘ trifft.
Boston Bones entfacht in einer alten rostigen Spüle ein Feuer aus den feuchten Holzresten die er finden kann.
Wenn auch recht verqualmt, wird es doch wärmer. Ich ziehe mir wärmere, wasserdichte Socken über meine eiskalten Füße und packe mich wärmer ein.
Während Boston das Feuer unterhält checke ich GPS und Karten. Wie soll’s weiter gehen?
Hier bleiben, abwarten, eventuell weiterziehen falls es aufklärt? Hier übernachten und morgen weiter?
Vom Pass aus geht es ca. sechs Kilometer leicht abwärts, aber nicht wesentlich. Von da an weitere zwölf Kilometer aufwärts, noch höher hinauf als vorher. Erst danach würde ein deutlicher Abstieg möglich sein.
Wir würden es also heute nicht mehr schaffen tief genug zu kommen. Noch einmal hoch sobald es sich bessert, und einen anderen, schnelleren Weg hinab suchen? Zu unsicher! Sind die angezeigten Wege wirklich vorhanden und passierbar?
In der Hütte wollen wir auch nicht bleiben. Zelt aufschlagen und morgen weiter? Das Wetter wird weiter so schlecht bleiben, mit Regen und v.a. Gewittern!
Ich schlage vor, ganz zurück zu laufen. Zurück ins Tal aus dem wir gekommen sind, und dort versuchen wieder nach Frisco zu trampen, das Wetter im Warmen, Trockenen bei leckerem Essen aussitzen.
Ich muss Boston Bones nicht lange überzeugen. 🙂
Rasch brechen wir unser Notlager ab, löschen das Feuer und laufen los, gut gelaunt, aufgrund der rosigen Aussichten.
Und alles läuft nach Plan. Unten angekommen müssen wir nicht lange warten bis uns ein Wagen mit zum Highway 9 nimmt, von wo aus wir ins Shuttel nach Frisco hüpfen
und alsbald im Whirlpool die durchfrorenen Knochen wärmen. German und Boston Bones! 🙂
Morgen werden wir dann einen neuen Plan aushecken.
Bis bald….
Eure zufriedene Dr. Hikinstein
89. Tag (on trail) Mo 13.07.2015
Ja, das war wirklich ein ‚Hotelschnäppchen‘!
Als Hiker sind wir nicht besonders wählerisch, was die Unterkunft angeht. Da ist man schon mit einem winzigen Zimmerchen zufrieden, das nur ein Fenster (nicht schließend) in der Größe eines DIN A4 Blattes hat, in dem die Handtücher winzig klein oder in ihrer Anzahl stark begrenzt sind, mit Seife oder/und Shampoo der billigsten Sorte nach deren Gebrauch man sich noch klebriger fühlt als vorher, in dem bestenfalls lauwarmes Wasser in die baufällige, vergilbte Badewanne plätschert (wenn man überhaupt in den Genuss einer Badewanne kommt) von der aus man einen Blick auf die Unterseite des Waschbecken und des WCs werfen kann (aber nicht möchte!), in dem sich an verschiedenen Stellen Schimmelpolster wiederfinden, und, und, und…nicht zu vergessen die Mikrokosmen, die man, spätestens beim abschließenden Kontrollblick (vor der Weiterreise) unters Bett, in Aufruhr versetzt und bei denen man sich am liebsten für die Störung entschuldigen möchte.
Nein, dieses Mal war alles perfekt. Reichlich Handtücher, heisses, fließendes Wasser, ruhige Zimmernachbarn, große Fenster, eine funktionierende, nicht zu laute Klimaanlage, ein reichhaltiges Frühstück. Klasse!
Derart gestärkt und erholt brechen wir auf, nehmen den Shuttelbus nach Breckenridge (Boston Bones hat dort ein Päckchen bei der Post)
und dann das Shuttel zurück zum Trail.
Der Weg selbst ist etwas öde.
Viele Bäume sind wegen Käferbefall abgestorben. Sie wurden gefällt und zu kleinen Häufchen, auf den nun nahezu nackten Hügeln, geschichtet.
Gegen 14.00 Uhr fängt es an zu regnen, und regnen, und regnen….
Den Rest des Tages und in die Nacht hinein.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann regnet es noch heute…
Durchweicht und fröstelnd errichten wir unser klammes Nachtlager.
Feucht-kalte Grüße aus Colorado!
Eure Maria
Maximaltemperatur 34 Grad Celsius
Maximalhöhe 3403 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android
88. Tag (on trail + Frisco) So 12.07.2015
Nicht der Durst oder eine drückende Blase, sondern knackende Äste lassen mich mitten in der Nacht hochschrecken. Es ist wieder eisig kalt und ich bin offensichtlich die Einzige, die sich – in langer Unterwäsche – der vermeintlichen Gefahr stellt. Sicher ein amüsanter Anblick: Rosa Unterhose, apfelgrünes Oberteil, wirr abstehende Haare (nahezu alles, vom Schlafsack bis zur Wäsche, ist synthetisch und lädt somit meine Haare elektrisch auf), zerknautschtes Gesicht….
Gesehen habe ich, im Lichtkegel meiner Taschenlampe, natürlich nichts,… aber war da nicht ein Kichern aus den Büschen zu vernehmen?!
Morgens ist dann der Beutel für Boston Bones Zeltstangen verschwunden.
Zufall?
Nach nur wenigen Kilometern erreichen wir Copper Mountain, das Ski Resort.
Erschreckend künstlich, das Ganze! Künstliche Dörfer mit Geschäften, Restaurants, Golfplätzen. .. ähnlich einem Freizeitpark. Fehlen nur noch die herumlaufenden Maskottchen mit riesigen Köpfen, die sich mit Vorliebe auf schreckensbleiche Kinder stürzen.
Wie auch immer…wir fahren mit dem ersten Bus nach Frisco. Dort wiederholt sich der ‚Touri-Eindruck‘. Ich komme mir vor wie in Disneyland. Nein, das hier ist nicht meine Welt.
Erstaunlich für einen solchen Ort, finden wir dann doch noch eine sehr schöne und bezahlbare Unterkunft in direkter Nähe zu den benötigten Supermärkten. Was will ich mehr?
Liebe Grüße
Eure Maria
Maximaltemperatur 30 Grad Celsius
Nachts 1 Grad Celsius
Maximalhöhe 3234
87. Tag (on trail) Sa 11.07.2015
Frühstücken und raus aus Leadville, die Däumchen in den Wind recken.
Siehe da, der zweite Wagen hält und Schwupp die Wupp sind wir wieder auf dem CDT.
Nahe des Highways 24, im zerfallenen Gemäuer eines ehemaligen Militär-Trainingslager, das an alte Bunker erinnert, haben sich Schwalben eingenistet und Schafe weiden friedlich vor sich hin.
Ein Stückchen geht es dann noch, auf ebener Strecke, einen Feldweg entlang, bevor wir den langen Anstieg zum Kokomo Pass in Angriff nehmen.
Bereits auf dem Weg nach oben erfolgt die Entschädigung für die Mühe in Form einer grandiosen Blütenpracht.
Oben angekommen genießen wir, mitten im Blumenmeer, die Aussicht, unsere Energieriegel und eine Portion Thunfisch. Murmeltiere beobachten uns argwöhnisch aus ihren kleinen glänzenden Äuglein und lassen ihre Warnpfiffe durch die Felswände schallen, wann immer sie uns zu Gesicht bekommen. Trotz allem sind sie sehr neugierig, machen ‚Männchen‘ um bessere Sicht und Witterung von uns zerlumpten Hikern aufnehmen zu können.
Weiter geht’s noch etwas höher über den Elk Ridge. Passend dazu eilen rund sechs Hirsche den Berg hinunter, ohne uns dabei aus den Augen zu lassen.
Von diesem höchsten Punkt aus sehen wir in der Ferne die Interstate 70, künstliche Seen und eine Art Mine/ Steinbruch.
Beim nachfolgenden Abstieg ziehen Wolken auf und wir geraten in einen kurzen Schauer.
Neben einer Schar Hikern kommen uns heute auch jede Menge Mountainbiker entgegen.
Das Laufen läuft wie am Schnürchen… 😀 😀 😀 … und wir müssen uns regelrecht bremsen, um nicht schon heute Copper Mountain, ein großes Skiresort, zu erreichen.
Morgen wollen wir von dort den kostenlosen Bus-Shuttelservice in Anspruch nehmen und nach Frisco fahren, um neuen Proviant für die nächste Etappe aufzunehmen.
Wir campen in der Nähe eines Lagers von Wochenendausflüglern und genießen Folienkartoffeln und Zwiebeln am Lagerfeuer.
Kurz vorm Schlafen-Gehen bereite ich noch einen Liter Wasser mit meinem kleinen SteriPen auf.
Nicht dass mir heute Nacht wieder die Kehle dörrt und ich im Dunkeln herum tappen muss um Wasser zu bekommen.
Prost!
Eure Dr. Hikinstein
Maximaltemperatur 36 Grad Celsius
Maximalhöhe 3730 Meter
Veröffentlicht mit WordPress für Android